Dutzendzeiler

14 Sonnenblumenbrummen & das achthundertachtundfünfzigste Gedicht

Ruhpolding Frühlingsblüte

Lehrerinnen

Ach, all die süßen Lehrerinnen!

Die mich einst komplett von innen
Vorteilhaft gen klug gepimpt
Erklärt, wie ein Gedanke stimmt!
Die, gleichwie wie nah wir uns kamen
Doch immer erschienen als ältere Damen

Ich kann ihr So-knapp-um-die-30-rumschleichen
Erst heute als schmackhafte Beute begreifen
Aber sie hab'n die Kluft gleich als füllbar gecheckt
Mit all ihrem Wissen, das tief in mir steckt
Und sie formt von einst kindlich zu reiflich Verehrten

Vielleicht war es das, was sie eigentlich lehrten

4 Zinkenspitzen & das achthundertachtundvierzigste Gedicht

Potsdams Neuer Markt

Parallelkarrieren

Wie Parallelkarrieren
Aus fremderleuts Haarschnitte locken!
Wie wir als Gewordene wären
Gehindert durch andere Brocken?

Wer sich in dem schwindenden Spiegel
Als Alternative so zeigt!
Wer wär' ich, wenn andere Riegel
Mein Sonderwegdasein vergeigt?

Welch nicht zu ergründende Schrullen
Die Merkwürdigkeit offenbart!
Welch Selbstgewissheit drängt zu nullen
Mein Wesen der anderen Art?

2 Knüpfwerk & das achthundertsechsundvierzigste Gedicht

Der Heilige Georg. Nikolaiviertel Berlin

Die Bewegten

Die Düsternis eint uns als Leidensgenossen
Und einhellig kling'n unsre Lieder
Vielleicht hat man einst aufeinander geschossen
Und sicherlich tät' man es wieder

Herr Ober, dies Drittelchen Geisterverwandtes
Zentriert unsre Mitten aufs Essen!
Umsäumt unsre Teller noch leidlich Verbanntes
Ersucht stiller Kammern Vergessen!

Denn Düsternis eint uns als Leidensgenossen
Und einhellig kling'n unsre Lieder
Vielleicht hat man einst aufeinander geschossen
Und sicherlich tät' man es wieder ...

Treue & das achthundertdreißigste Gedicht

Bei Victoria Seychellen

Africars

Die ostasiatische Schrottkarrenflotte
Muss schepprig zum Mindestlohn schuften
Und strömt wie 'ne keuchende Rostbratenrotte
Durch staubige Hochglanzlackgruften

Die Autodidakten und magisch Geschickten
Verpflanzen hier freihändig Herzen
An wieder und wieder Zusammengeflickten
Und jeder Gang dreht unter Schmerzen

Gerippe aus zeitweilig völlig Zerstörtem
Als letzte Station vorm per pedes
Vibrier'n treu zu lastengewaltig Geröhrtem

Der Fahrer träumt von 'nem Mercedes

Codename Babakota & das achthundertfünfzehnte Gedicht

Indri Baby

Der Indri Indri und andre

Symphonien aus Türenquietschen
schamverstummt vor deinem Sang
Tonal verwandt – doch fernab, bittscheen
deinem Schluchz im Abgangklang

Die schwarze Komponistenmähne
wächst an Babakotas Ohr
aus Panda-Plüsch rag'n lange Beene
und die Arme ooch hervor

Du bist im Größenmaßgedränge
wählerischstes Meistertier
Bärig-stummelnd schwänzt du Länge
Andre, Indri, neiden's dir!

Alter Nordfriedhof Zentral & das achthundertachte Gedicht

Alter Nordfriedhof Zentral

Einschlafgedicht

Ich traf in einer coolen Bar
Schon oft den Grafen Dracula
Das Blut vom Mund sich wischend

Er sprach: "Die coolen Leute hier
Gefüllt mit gut gekühltem Bier -
Das schmeckt doch sehr erfrischend!"

Ja ja, Vampire
Tun das ihre
Dass des Nachts was los ist!

Und willst du nicht pennen
Lernst du sie schon kennen
Bevor du wirklich groß bist!

Isaruferweg & das siebenhundertsechsundneunzigste Gedicht

Isaruferweg

Wishlist für das Totenspalier (Meine Mander)

Hier kommt meine Wishlist fürs Totenspalier
zu den Recken der Family wünsche ich mir:

Zunächst Tom Waits und Thomas Bernhard
Marlene Dietrich, Robert Gernhardt
Rivers Cuomo und Billy Bragg, Harry Belafonte
Orson Welles und Friedrich von (wie man ahnen konnte)

Falls noch Platz im Kirchlein ist:
'nen Comedian Harmonist
und dann können gleich daneben
auch The Cure ein Ständchen geben

Das hört sich dann leicht neidisch an:
Der Kaiser Maximilian

Maximilian I. von Habsburg hat für sein Grabmal 40 überlebensgroße Bronzefiguren in Auftrag gegeben, von denen 28 den – leeren – Sarg in der Innsbrucker Hofkirche eskortieren. Diese "Schwarzen Mander" stellen Familienmitglieder sowie von Maximilian auserwählte Persönlichkeiten dar.

Hinterbrühler See & das siebenhundertfünfundneunzigste Gedicht

Hinterbrühler See im Winter

Vorbei in tiefer Nacht

Ich lehnte mich zum Wundenlecken
An einer Linde kühles Moos
Gewärmt von ersten Lichterflecken
Gewahr. Und doch bedeutungslos

Ihr Stamm gönnt mir das Abschiednehmen
Von unentwegt gezähmter Wut
Für immerdar könnt mich beschämen
Wie friedensreich ich hier geruht

Ich wusst' ja, dass ich Ruhe fände
An jenem versumrosten Ort
Doch lüfte jetzt erst die Verbände
So sterbensrein, umkost vom Wort

Hofgarten & das siebenhundertsiebenundsechzigste Gedicht

Hofgarten München

Die ersten Strahlen

Wie, dass jene Morgensonne strahlt und strahlt und wärmt dich nicht?
Wie, dass ihre frühe Gabe nicht erreicht dein Angesicht?
Bist du nicht des Winters müde, mürb geworden in der Zeit
Von dem Übel, das uns rüde einte im verlor'nen Fight?
Sitzen wir nicht Seit an Seite, hier im frühen Tageslicht?
Wie, dass jene Morgensonne strahlt und strahlt und wärmt dich nicht?

Dringt der Aufbruch, den ich fühle
Nicht zu dir und alter Kühle?
Will dein Drang, ab hier zu scheiden
Mir die neue Coolness neiden?

Zeigt dein Spiegel die Entscheidung, noch bevor sie einer spricht?
Wie, dass jene Morgensonne fand den Weg in dies Gedicht?

Wasservögel & das siebenhundertdreiundsechzigste Gedicht

Schwan am Kleinhesseloher See

Das E und Ö des Fliegens

Nun, obschon ja Schwan und Enten
Durch die Lüfte segeln könnten
Dümpeln sie selig auf dürftigen Seen

Geben uns so zu versteh'n:

An den traumumzäunten Segen
- ebenjenes Flugvermögen -
Lässt sich als "Is' nix Besond'ret!" gewöh'n

Man sinniert sich das zu schön:

All der Stress beim Flügeldehnen
Im Gehör das Fahrtwinddröhnen ...
Trüb wird der Wert vom Sichselbererhöh'n

Lieber unten Runden dreh'n!

Seiten

RSS - Dutzendzeiler abonnieren